Live und in Farbe konnten die Schülerinnen und Schüler der Klassen 9a, 9b und 10 Hanna Jansen, die Autorin der diesjährigen Prüfungslektüre „Herzsteine“ erleben.
Eine Schülerin der Klasse 9a hat die Schriftstellerin per E-Mail kontaktiert und um ein Interview gebeten. Erstaunlicherweise sagte Frau Jansen direkt zu und stand per Videokonferenz Rede und Antwort.
So verriet sie zum Beispiel, dass ihr Lieblingsbuch „Pu, der Bär“ von A. A. Milne sei. Auf den Buchtitel „Herzsteine“ angesprochen, erklärte die bekannte Autorin, dass sich der Titel einerseits auf den Ausdruck „Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen“ beziehe, andererseits aber auch auf die vielen herzförmigen Steine, die ihre Kinder am Strand gesammelt haben.
Die Steine, die die Hauptfiguren ihres Romans auf dem Herzen haben, erläutert Hanna Jansen für die Teilnehmer/innen der Videokonferenz: Sam, der unter der schwierigen Beziehung seiner Eltern und der Distanziertheit seiner Mutter Felicitas leidet, Luc, sein Vater, der sich große Sorgen um seine Frau macht und auch nicht an sie herankommt und schließlich Felicitas, die unter einem Trauma – ausgelöst durch den Genozid 1994 und die Erlebnisse ihrer Kindheit in Ruanda – leidet.
Wie wichtig Frau Jansen die gesammelten Steine ihrer Kinder sind, wird deutlich als sie anfängt von ihrer Familie zu erzählen. Ihr Mann und sie haben in den Jahren 1986 bis 2011 dreizehn unbegleitete Flüchtlinge – hauptsächlich aus Afrika – bei sich aufgenommen. Sie schildert, dass viele ihrer Kinder traumatisiert waren. Heute geht es allen gut. Sie sind in Deutschland zur Schule gegangen, haben hier den Schulabschluss gemacht und viele auch ein Studium absolviert. Eine Tochter hat in den USA studiert und ist in New York geblieben.
Auf die Frage, wer sie zu den Figuren in ihrem Buch inspiriert hat, schildert die Autorin eine Begegnung bei der Lesung des preisgekrönten Buches „Über tausend Hügel wandere ich mit dir“ in London. Das Buch handelt genauso wie Herzsteine von Ruanda. Während der Lesung wurde Hanna Jansen von einer jungen Afrikanerin angesprochen, die den Genozid nicht verkraftet hat und lange nicht darüber sprechen konnte – nicht einmal mit ihrem Sohn. Dieser hat das Buch gelesen und seine Mutter gedrängt, dies ebenso zu tun. Zunächst konnte die Frau sich nicht dazu überwinden. Nachdem sie es aber dennoch tat, war es wie eine Befreiung für sie. Sie ist der Schriftstellerin unglaublich dankbar für die Chance, sich ihrem Trauma zu stellen. Nach Informationen von Frau Jansen hat die Afrikanerin mittlerweile eine Selbsthilfegruppe gegründet.
Bereits als Kind hat Hanna Jansen geschrieben. Darauf angesprochen, ob sie vom Schreiben leben könne, meinte sie: „Dazu müsse man schon Harry Potter geschrieben haben.“ Das Schreiben hat die Autorin immer begleitet – auch während der beruflichen Zeit als Lehrerin und Fortbildnerin. Die Eindrücke mussten irgendwo hin – zum Beispiel die, die sie von der Gedenkstätte für den Völkermord in Gisozi (Kigali) mitgenommen hat. „All diese Eindrücke und Erfahrungen habe ich auf Sam übertragen – er sieht im Buch mit meinen Augen“, verrät sie den Schülerinnen und Schülern.
Drei Jahre haben der Entstehungsprozess und die Recherche für „Herzsteine“ gedauert – die Zeit hat sich gelohnt.
Bildquelle: http://www.hannajansen.de/portrait.html